Prof. Dr. Hans-Georg Scherer
Im Ruhestand

Biografie 

Ehemals Berufliches

  • Geb. 1951 in Zweibrücken.
  • Schule in Zweibrücken und Studium an der Universität Saarbrücken (1970 - 1974 Diplomsport, Geschichte, Soziologie), anschließend Sportlehrer an einer Berufsschule.
  • Ab 1975 Lehrkraft in der didaktisch-methodischen Sportlehrerausbildung an der Universität Marburg. 1978 - 1980 Wiss. Mitarbeiter im Arbeitsbereich Motologie (Prof.Dr. F. Schilling) und Mitarbeit an der Entwicklung des Studiengangs. Begleitendes Studium der Sonderpädagogik.
  • 1980 Wechsel zum Lehrstuhl für Sportpädagogik (Prof.Dr. E. Hildenbrandt) und Mitinitiator des Projekts „Sport mit blinden und sehbehinderten Menschen“, aus dem in den Folgejahren ein Forschungsschwerpunkt und eigenständiger Studiengang des Marburger Instituts für Sportwissenschaft entstand. Nebenberuflich Sportunterricht an der Marburger Blindenstudienanstalt.
  • 1989 Promotion mit einem Curriculumprojekt im Blinden- und Sehbehindertensport. 1994 Habilitation mit einem wissenschaftstheoretischen Thema.
  • Zwischen 1991 und 1999 Vertretung von Professuren für Sportpädagogik an den Universitäten Heidelberg, Frankfurt und Marburg,
  • 1999 Berufung an die Universität Osnabrück auf eine Professur für Bewegungswissenschaft.
  • 2004 Wechsel an die Universität der Bundeswehr München, zunächst zur Vertretung der Professur für Sportpsychologie und Sportpädagogik, nachfolgend bis zum Ruhestandseintritt im Jahre 2018 Professur für Sportpädagogik mit den Lehrgebieten Sportpädagogik, Sportdidaktik und Bewegungswissenschaft.
  • Mit Eintritt in den Ruhestand 2018 Rückzug aus dem sportwissenschaftlichen Tagesgeschäft, gelegentliche Publikationen und Vorträge und Beschäftigung vorzugsweise mit Themen aus Philosophie und Anthropologie

"Backstage"

Hinter jeder wissenschaftlichen Biografie stehen neben Qualifikationen, Handlungsräumen, Plänen und (natürlich auch) Zufällen, die berufliche Möglichkeiten eröffnen, auch Grundsätze und Überzeugungen, die das Handeln leiten. Meine Tätigkeiten und wissenschaftlichen Beiträge waren einer pragmatischen Perspektive verpflichtet und standen stets unter dem Primat eines Beitrags zu guter Praxis – auch dann, wenn dies auf den ersten Blick nicht erkennbar war und ist, z.B. bei manchem Ausflug in wissenschaftstheoretische Probleme. Einige Konsequenzen daraus seien hier zumindest angedeutet:

  • Dies bedeutete für mich zunächst einmal, sportliche Praxen aus der Innensicht zu kennen, und zwar über das eigene, vielfältige und leidenschaftliche Sporttreiben hinaus. Das Spektrum erstreckte sich vom Sportunterricht an der Regelschule und an einer Sonderschule für Blinde und Sehbehinderte über Trainertätigkeiten im Leistungssport bis hin zu Referenten- und Ausbildertätigkeiten in Verbänden. In der universitären Ausbildung waren didaktisch-methodische Übungen fester (und meist zusätzlicher) Bestandteil meiner Lehrangebote bis zum Ende meiner Tätigkeit.
  • Lehre und Forschung hatten überwiegend eine anwendungsorientierte pädagogisch-didaktische Perspektive, auch dann, wenn sie zu Teilen eher grundlagenorientiert waren. Didaktische Perspektivität ist dabei wörtlich gemeint und erschöpft sich nicht im klassischen, geschlossen-disziplinären Verständnis von Sportdidaktik. Nach meiner Überzeugung konnte (und kann) eine Sportdidaktik wissenschaftliche Fundamente nur unter Berücksichtigung interdisziplinärer Erkenntnisse gewinnen und nicht sich selbst genügen.
  • Mit der Interdisziplinarität spannen sich zwangsläufig diverse Fallstricke der Kompatibilität unterschiedlicher Theorien auf, und Theorie-Praxis-Gräben unterschiedlicher Breite werden sichtbar. Dies war auf metatheoretischer Ebene Gegenstand von Reflexionen zur Interdisziplinarität, zu Bedingungen der praxisbezogenen Anwendbarkeit von Theorien u.a. By the way stellt Interdisziplinarität nicht nur vor spannende Herausforderungen des Vermittelns inter disciplinis, sondern birgt durchaus auch die Gefahr, zuweilen zwischen den Stühlen zu sitzen, zumindest wenn es um die Besetzung meist disziplinär orientierter Lehrstühle geht.
  • Noch eine Bemerkung auf eher wissenschaftsethischer Ebene, sozusagen zur impliziten Ethik meines wissenschaftlichen Handelns. Dieses war (und ist) von der - sicherlich von den meisten Wissenschaftlern geteilten - Überzeugung durchdrungen, dass wissenschaftlicher Diskurs von Theorien, Argumenten und Befunden getragen werden sollte. Sind diese publiziert und für alle Interessierten zugänglich, sollten sie – und hier tun sich nun offensichtlich Differenzen im praktischen Handeln der scientific community auf -  möglichst unabhängig von der Person und der Quantität ihrer Wiederholungen im wissenschaftlichen Diskurs für sich sprechen können und weder einer „gebetsmühlenartigen“ Replikation (Verschwendung geistiger Ressourcen?) noch persönlicher Netzwerke bedürfen (persönliche Vernetzung und Mitgliedschaften als implizites Kriterium wissenschaftlicher Qualität?). Ebenso wenig bedürfen sie eigentlich auch einer Qualitätsbewertung und Benefizierung durch Preisverleihungen, weshalb ich an Awards nie teilgenommen habe (auch nicht auf wohlmeinende Bitten hin). Aber angestammte, im Wesen wissenschaftlichen Diskurses begründete wissenschaftsethische Aspekte scheinen im Zuge der Ökonomisierung und Funktionalisierung von Wissenschaft zunehmend in Konkurrenz zu anderen, im Grunde wissenschaftsfernen Kriterien (Grad der Vernetzung von Personen, Zugehörigkeit zu Gesellschaften und zu bestimmten Gruppierungen, Höhe von Drittmitteleinwerbungen etc.) treten zu müssen. Ob dies eine gute Entwicklung ist?

Und außer Beruf? 

  • Glücklich verheiratet und Mitglied eines sport- und bewegungsbegeisterten Familienkreises mit drei Kinderfamilien und fünf Enkelkindern. Familienwohnsitz lange Zeit in Marburg, von dort ca. 15 Jahre im Pendelverkehr zu den verschiedenen beruflichen Standorten, meine Ehefrau als Lehrerin in eine Schule in Mittelhessen. Nachdem die Kinder "aus dem Haus" waren und wir des Pendelns überdrüssig, verließen meine Frau und ich Marburg in 2008 und zogen ins schöne Fünfseenland nahe München.
  • Zeitlebens sportlich aktiv, in jungen Jahren Leistungssport im Gerätturnen und in der Leichtathletik  sowie Hobbysportarten Skilaufen und Windsurfen. Später nebenberuflich Trainer in der Leichtathletik sowie Skilehrer und Ausbilder beim Deutschen Skiverband. Bis heute Fitness-Sport (Kraft- und Ausdauertraining), Bergsteigen, Wintersport in einigen Varianten sowie Rennradeln - letzteres gerne auf Alpenpässe.
  • Bewegung jedoch nicht nur im Sport, sondern immer schon auch integriert in den Alltag. Wege zur Arbeit über 40 Jahre lang mit dem Fahrrad. Auch der jetzige Ruhestands-Alltag weitestgehend autofrei und unter Nutzung jeglicher sich bietenden Bewegungsgelegenheit. Ansonsten Pflege gemeinsamer Hobbys, z.B. klassische Musik, gelegentliches Klavierspiel, Lesen, Wohnmobil-Reisen u.a.m.